Geschichte der Ansichtskarte

Die Idee einer offenen Karte als Ergänzung zum traditionellen Brief stammte ursprünglich von Heinrich von Stephan (1831-1897) dem Mitbegründer des Weltpostvereins. Nachdem er diese Idee im Jahre 1865 zum ersten Mal geäußert hatte, wurde sie 1869 von Emanuel Hermann in Österreich aufgegriffen und in Form der ersten Korrespondenzkarte realisiert. Der Bedarf an diesen Karten stieg in den 70er Jahren rasch an.

Im Jahre 1873 wurden die ersten Ansichtskarten in Deutschland mit etwa 100 verschiedenen Motiven aufgelegt. Wichtige Druckorte waren Nürnberg, München, Frankfurt und Leipzig. Im Jahre 1875 gab es dann die erste offizielle Postkarte und ab 1880 die Weltpostkarte. Ab 1885 durften auch private Verleger Karten auflegen. Im Rheingau erschien die erste Ansichtskarte aus Anlass der Einweihung des Niederwalddenkmals in Rüdesheim am 28. September 1883 von der Lithographischen Anstalt Fischer und Metz in Rüdesheim.

Die Vorderseite einer Ansichtskarte war die offizielle ausschließlich postalischen Zwecken vorbehaltene Adressseite. Es war nicht erlaubt diese Seite für Grüße oder Mitteilungen zu verwenden. Aus diesem Grund sind die Rückseiten der Karten mit dem Bildmotiv häufig beschrieben, wobei man es in der Regel bei einem kurzen Gruß beließ, zumal ja der Postzusteller alles lesen konnte. Teilweise finden sich aber auch Karten, die mit winziger Schrift intensiv beschrieben sind, wobei auch das Bildmotiv manchmal nicht verschont wurde. Im Allgemeinen reichte es aber den bereits vorgedruckten Text „Gruß aus …..“ mit der eigenen Unterschrift zu ergänzen. Daher stammt auch die Bezeichnung Grußkarten. 1905 wurde die geteilte Vorderseite eingeführt, so dass die Bildseite nicht mehr beschrieben werden musste. Die Bildseite konnte dann flächendeckend mit dem Bild ausgefüllt werden.

Die Ansichtskarten wurden zunächst im aufwändigen Steindruck-Verfahren (Lithodruck) hergestellt. Zunächst waren es einfache einfarbige Drucke, so genannte Vorläufer-Lithos. Das Motiv entsprach meist nicht genau der Realität. Dann folgten mehr und mehr Farbdrucke, wobei jede Farbe nacheinander mit einem weiteren Lithostein gedruckt werden musste. Man erkennt dies leicht daran, dass die Übergänge nicht immer übereinstimmen. Auf diese Weise entstanden wunderschöne Karten, deren Farben auch nach 100 Jahren noch nichts von ihrer Leuchtkraft eingebüßt haben. Etwa 1908/10 endete der Lithodruck und es begann der Offsetdruck in deutlich schlechterer Qualität. Bereits ab 1880 gab es auch die echte Fotokarte.

In der Zeit von 1890 bis 1905 erschienen häufig künstlerisch bearbeitete Karten mit idealisierter Darstellung. Künstlerkarten wurden in kleiner Auflage gedruckt, ebenso Mondscheinkarten und Winterkarten. Außerdem gab es Werbekarten von Hotels, Weingütern, Firmen oder aus Anlass von Festen, Ausstellungen und Jubiläen. Ein besonderes Kapitel sind Propagandakarten, besonders während des 2. Weltkrieges.

© Heinz-Dieter Molitor